Empfehlung 11

Verbindliche Kriterien, nach denen Kulturelle Bildungsprozesse von Kindern und Jugendlichen bewertet und für ihren Bildungsweg sichtbar gemacht werden können. 

Ausgangslage: 

Kulturelle Bildung ist Zukunftsbildung. In kulturellen Bildungsprozessen entwickeln Kinder und Jugendliche nicht nur Wissen, sondern Haltungen, Kompetenzen und Perspektiven. Sie lernen, kreativ, kritisch, kooperativ und kommunikativ zu handeln – also jene Zukunftskompetenzen, die gesellschaftliche Teilhabe, Selbstwirksamkeit und Resilienz fördern. Diese ästhetisch-experimentellen Lernprozesse sind keine „Extras“, sondern Grundbedingungen gelingender Bildungsbiografien. Sie stärken Motivation, emotionale Stabilität und Sinnorientierung – und damit die Grundlage für lebenslanges Lernen und demokratische Teilhabe. 

Berlin hat die Chance, als erstes Bundesland Kulturelle Bildung systematisch, verbindlich und qualitätsgesichert in allen Bildungsinstitutionen zu verankern – von der Kita bis zur Sekundarstufe II. 

Problem: 

Derzeit hängt es in Berlin vom individuellen Engagement einzelner Lehrkräfte oder Einrichtungen ab, ob Kinder und Jugendliche kulturelle und ästhetische Bildungsprozesse erleben. 
 
Es gibt keine verbindlichen Vorgaben oder Kriterien, die sicherstellen, dass alle Schüler:innen Zugang zu künstlerisch-experimentellen Erfahrungsräumen erhalten, die Kreativität, Kooperation, Kommunikation und kritisches Denken fördern. 
Dies führt zu ungleichen Bildungschancen, fehlender Nachhaltigkeit in Kooperationen und einem Verlust an Innovationspotenzial im Bildungssystem. 

Zielsetzung: 

  • Verlässliche Verankerung kulturell-ästhetischer Bildungsprozesse in allen Berliner Bildungseinrichtungen. 
  • Mindestens ein kulturell-ästhetisches Langzeitprojekt pro Jahr für jedes Kind bzw. jede*n Schüler*in. 
  • Sichtbarkeit kultureller Bildungsleistungen im individuellen Bildungsweg (z. B. Portfolio, Zeugnisvermerk, Präsentationsprüfung). 
  • Anerkennung kultureller Bildung als Kompetenzmotor für Zukunftskompetenzen, Transformationsfähigkeit und gesellschaftliche Resilienz. 

Empfehlungen: 

Zertifizierung und Sichtbarkeit 

  • Aufnahme kultureller Bildung als verbindliches Qualitätsmerkmal in Bildungsberichte, Schulprogramme und das Berliner Rahmenkonzept Kulturelle Bildung. 
  • Einführung verbindlicher KuBi-Portfolios (z. B. Lerntagebücher, Prozessdokumentationen, Projektberichte), die kulturelle Lernprozesse in Bildungsbiografien dokumentieren. 
  • Entwicklung eines „Berliner Kompetenzmodells Zukunftskompetenzen durch Kulturelle Bildung“ in Anlehnung an den OECD-Lernkompass 2030. 
  • Einführung eines Zertifikats „Kulturelle Bildung & Zukunftskompetenzen“ für Einrichtungen, die kulturelle Bildungsprozesse systematisch umsetzen. 

Qualitätssicherung 

  • Entwicklung verbindlicher Qualitätsindikatoren für kulturelle Bildung (Struktur-, Prozess- und Orientierungsqualität). 
  • Integration kultureller Bildung als Kriterium in Schulinspektionen und Kita-Evaluationen
  • Orientierung an bestehenden Instrumenten Instrumenten (OHR, SEP, BBP, QVTAG). 
  • mit Fokus auf Nachhaltigkeit und Wirksamkeit. 

Monitoring und Wirkungsforschung 

  • Integration kultureller Bildung in das Berliner Bildungsmonitoring
  • Einrichtung eines regelmäßigen Fortschrittsberichts Kulturelle Bildung mit quantitativen und qualitativen Indikatoren. 
  • Aufbau einer Wirkungsforschung zur Evaluation von Zukunftskompetenzen (4K-Modell) in kulturellen Bildungsprozessen. 

Verankerung im Bildungssystem 

  • Verabschiedung vom engen Fächerkanon: Kulturelle Bildung als Querschnittsaufgabe und Gestaltungsprinzip intrinsischer Lernprozesse. 
  • Modellprojekt „Berlin als Pilotstadt“: Einführung von mindestens fünf Modellschulen pro Schulzweig, die kulturelle Bildung strukturell implementieren. 
  • Verankerung im Kulturfördergesetz: Sicherstellung verlässlicher kultureller Erfahrungsräume in Kita und Schule – mindestens ein prozesshaftes Langzeitprojekt pro Jahr. 

 
Qualifizierung und multiprofessionelle Teams 

  • Integration kulturell-ästhetischer Lernformen in die Aus-, Fort- und Weiterbildung von Lehrkräften und Pädagog*innen
  • Entwicklung verbindlich zertifizierter Qualifizierungsprozesse in Kooperation mit Berliner Kulturprogrammen und Hochschulen. 
  • Stärkung multiprofessioneller Teams aus Pädagog*innen, Künstler*innen und Kulturvermittler*innen als fester Bestandteil schulischer Arbeit
  • Prüfung eines neuen Berufszweigs „Kulturpädagogische Fachkraft in Bildungseinrichtungen“ zur Ergänzung pädagogischer Teams. 

Umsetzung: 

  1. Einrichtung einer interdisziplinären Steuerungsgruppe „Kulturelle Bildung & Zukunftskompetenzen“ auf Landesebene. 
  1. Entwicklung von verbindlichen Bewertungskriterien für kulturelle Bildungsprozesse als Bestandteil offizieller Beurteilungen. 
  1. Aufnahme der Bewertung Kultureller Bildung in den Rahmenlehrplan und die Kita-Bildungsprogramme als überfachlich zu bewertendes Querschnittsthema. 
  1. Verknüpfung der Umsetzung mit zielgerichteten Fördermitteln und Ressourcen im Kulturfördergesetz
  1. Aufbau eines digitalen Portfoliosystems, das kulturelle Bildungsprozesse dokumentiert und in Bildungsbiografien sichtbar macht. 

Kulturelle Bildung ist kein Zusatz, sondern Kern einer zukunftsfähigen Bildung. 
Berlin kann Modellregion werden für ein Bildungssystem, das Kreativität, kritisches Denken, Kooperation und Resilienz systematisch fördert. 
Die verbindliche Einführung, Bewertung und Sichtbarmachung kultureller Bildungsprozesse ist ein entscheidender Schritt hin zu einer Bildungspolitik der Zukunftsfähigkeit, Chancengerechtigkeit und kulturellen Teilhabe

Der Berliner Runde Tisch Kulturelle Bildung in Kita und Schule (BeRuTiKuBi) hat sich die Rahmenbedingungen, Instrumente, Regelungen und Vorlagen, die es für die Umsetzung der Kulturellen Bildung für Kitas und Schulen in Berlin gibt, angesehen und hinsichtlich deren Wirksamkeit und Weiterentwicklung nachfolgende Schlussfolgerungen zusammengefasst. 

Hinsichtlich der oben skizzierten Handlungsempfehlung bedeutet das exemplarisch für den OHR – Orientierungs- und Handlungsrahmen Kulturelle Bildung: 

Lücken: 

  • Für Programme der Kulturellen Bildung und entsprechende Kooperationen gibt es keine Verbindlichkeit, dass sie eingebunden werden. 
  • Dadurch entsteht auch über den Rahmenlehrplan/OHR keine Nachhaltigkeit in den Schulen für die Kooperation mit den Programmen. 

Empfehlung: 

  • Wenn die Programme der Kulturellen Bildung zahlenmäßig weniger werden, dann können Schulen Kulturelle Bildung nicht umsetzen und sich nicht gut an OHR orientieren  
  • Der „Wert“ von Angeboten der Kulturellen Bildung muss strukturell beschrieben werden. 
  • Die Lehrkräfteausbildung sollte Inhalte vom OHR aufgreifen (forschend, experimentell und prozesshafte Erfahrungsräume in der Lehrkräftebildung ermöglichen). 
  • Der Tandemcharakter aus Experten von Bildung und Kultur – verstanden als Multiprofessionelle Teamarbeit – sollte in Schule umgesetzt und als Möglichkeit dem Fachkräftemangel etwas entgegenzusetzen betrachtet werden. 
  • Die verbindliche Verankerung aller Querschnittsthemen in allen Berliner Schulen (Forderung für den Rahmenlehrplan) ermöglicht eine verbindlichere Strukturentwicklung und daran gekoppelte Finanzierungsressourcen der Angebote Kultureller Bildung.